Karin Meiner
                 




Meiner Streifen
Nah und Fern
Zur Werkschau im DB-Museum im Verkehrsmuseum Nürnberg 2002

Karin Meiner - Nah und Fern

Überzogen von Trennstreifen und Verkehrsmarkierungen, befahren mit Miniaturautos und -zügen, stellt Karin Meiner sich in ihrem Autoportrait dar - Autoportrait im
doppelten Wortsinne als Selbstbildnis mit Autos.
In dieser Photoarbeit konzentriert sich die jahrelange Beschäftigung der Künstlerin mit dem Themenkomplex Mobilität - Verkehrswege - Stadtansichten - Autos - Züge -
Flugzeuge, der sie zu multimedial angelegten Werkgruppen anregte.
Seit Mitte der Achtzigerjahre entstanden die an Comicsprache und Graffitikunst erinnernden Gemälde.
Es folgten Performances, Photoarbeiten, Videos und Graphiken.
In einem weiteren Werkbereich entstanden Plastiken aus Fahrzeugteilen: Radkappenassemblagen und Stoßstangenfiguren, die von heiterem Charme geprägt sind und gleichzeitig wie Totempfähle des 21.Jahrhunderts anmuten.
Die Arbeiten entstanden in direktem Bezug zum Leben der Künstlerin, das geprägt ist von ständigem Unterwegssein: sowohl konkret im Auto, im Zug, im Flugzeug,
vor allem aber auch im übertragenen Sinn als geistige Bewegung in einer äußeren und inneren Welt.

Die im DB Museum Nürnberg ausgestellten Werke von Karin Meiner zeigen eine klare
Nah- und Fern-Orientierung: eine Frankfurter Straßenkreuzung neben dem Züricher Hauptbahnhof, ein von Menschen überquellender Zug in Bombay sowie ein Schienengewirr in Koblenz, eine U-Bahn-Situation in Berlin und ein herannahender Zug in Bangkok.
Mit zunehmender thematisch-inhaltlicher Beschäftigung fokussiert sich das Interesse der Künstlerin auf die bildnerische Darstellung der sichtbaren Logistik der menschlichen
Fortbewegung = Mobilität.
Mittels Verfremdungen durch Montagen wird das Erlebnis Fahren - Stadt - Bahnhof angedeutet, wenn Panoramaphotos in Farbflächen und Liniengerüste eingespannt werden und Ein- und Ausblicke in die Stadtkulisse ermöglichen.
Ihr Motivrepertoire aus Architektur, Transportwegen und Fahrzeugen ergänzt Karin Meiner gerne um den "Playing Giant" - sowohl Monumentalplastik als auch eine Mischung aus Comicfigur und Legomännchen, stampft er kingkong-artig über Autobahnen, greift Autos heraus oder hebt die komplette Skyline einer Stadt hoch.
Folgt man Meiners Bildsprache, steht der "Playing Giant" für den Menschen selber.
Zum technoiden Wesen mutiert, greift die Gestalt scheinbar spielerisch in den Weltlauf ein und verkörpert als prometheischer homo ludens Allmachtsphantasien mit dem Bestreben,
"eine Sache in der Hand zu haben".
In vielen Arbeiten kulminieren die von der Künstlerin häufig gebrauchten Gegensatzpaare Informationstechnologie und archetypisches Wissen, Zerstörung und Erneuerung, Chaos und Ordnung, Bedrohung und Spiel, Kälte und Buntheit.

Dorothee Gelderblom, Bonn 2002
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