Karin Meiner
                 




Meiner Streifen
Performance Art und Fotografie
in: ASA Magazine "SLAPS BANKS PLOTS # 6"
Performance Art und Fotografie
"Zu Beginn meiner Tätigkeit als Performancekünstlerin vor Publikum/ZuschauerInnen/ PassantInnen – meist zusammen mit der Künstlergruppe BREITENGRAD alias Gruppe SCHNEBLIND alias Staatl. Breitengrad Ensemble – stand ich Dokumentationen sehr kritisch gegenüber, da ich (subversiv) nur den Schaffensprozess an sich, das direkte Erleben und Kommunizieren anstrebte. „Es muss nicht jeder „Kunstfurz“ dokumentiert werden“, lautete unser Statement Anfang der 80er Jahre.
Seitdem ist für mich das Verhältnis von Performance Art zur dokumentarischen Fotografie stets neu auszuloten im Spannungsfeld der Pole von:
Inszenierung <> Spontaneität
Dokumentation <> Authentizität
Vermarktung <> Leben
Vermitteltes <> Unvermitteltes
Verwertbarkeit/Nutzen <> Spiel
Selbstdarstellung <> Wir-Gemeinschaft
Posen <> echtes Erleben
Einstudiertes <> Zufall
Choreografie <> Experiment
Wiederholung <> Einzigartigkeit
Theater <> Echtheit/direktes Sein
Bühnenrolle <> Sich Selbst-Sein
Ernüchterung <> Rausch
Perfektion <> Dilletantismus
Da ich seit Anfang der 90er Jahre verstärkt Soloaktivitäten nachgehe und mich auf spezifische Themenschwerpunkte in Zusammenhang mit „meiner Handschrift“ und meiner Biografie konzentriere, hat sich mein Verhältnis zur Fotografie als Dokumentationsmedium geändert.
Ich bitte FotografInnen, Aufnahmen von Performances zu machen und ich freue mich über zugesandte Fotos von zufällig fotografierenden Anwesenden. Diese Fotos dienen als Beleg, Relikt, künstliches Abbild, Dokumentation der Live-Performance.
Während des Agierens in der Performance bemerke ich FotografInnen und Blitzlichter kaum (wenn, dann nebenbewusst), da ich selbst zu konzentriert in/ bei/ außer mir bin, um darauf zu achten. Daher erlebte ich als Performierende FilmerInnen nie direkt als Störenfriede.
Später, beim Anschauen der Videodokumentationen, fallen mir jedoch „Kameraleute“, die durchs Bild laufen als sehr störend und ablenkend auf.
Aus der eigenen Sicht einer Zuschauerin von Performances gehen mir Blitzlichter und herumlaufende FotografInnen und FilmerInnen sehr auf die Nerven. Unumgänglicherweise habe ich sie im Laufe der Zeit in meine Wahrnehmung von Performances als festen Bestandteil des Ganzen integriert:
Es gibt eben individuell unterschiedliche Vorgehensweisen von Seiten der DokumentarInnen“ – von sensibel-zurückhaltend bis nervend-lästig.
Aus dieser Reflexion entstand gemeinsam mit Manfred Hammes die Idee, im Rahmen einer „short pieces“-Performance einen „Sketch“ für die Fotografen darzustellen. Manfred Hammes kündigte an und kommentierte offensiv: „Alle „Medienzecken“* herschauen .... das Foto des Abends!!!.... Draufhalten!...“ und ich entblößte lakonisch-unspektakulär meine rechte oder linke? Brust. (Anlässlich der Ultimate Akademie Präsentation in der Chaos-Galerie 1997)
Was als Misstrauen gegen das dokumentarische Foto anfing, erfährt heute die vielfältigsten Einstellungen im Spannungsfeld der oben dargestellten Dichotomien:
Ich sehe das Verhältnis von Performance und Fotografie heute eher als kreative Wechselwirkung, Fotografie als selektive Spiegelung/ als Spiegel, als bildhafte Dokumentation für Publikationen (Kataloge, Zeitungen, Kunstmagazine, Websites) und Archive.
Das Foto hat nachhaltigen Charakter, ist aber für mein Verständnis der „eigentlichen“ Performance (als „reinen“= ursprünglichen, zeitbasierten auf Realpräsenz des Künstlers und des Publikums setzenden Prozesses) nicht nötig.
In dieser Hinsicht wird es ebenso legitim, unter Studiobedingungen passende Fotos „zu stellen“, bzw. ein (subversives?) Spiel daraus zu machen, Orte und Begebenheiten zu erfinden und diese Fiktions-Fotos je nach Bedarf biografisch beliebig zu ordnen.
Mit dem, was ich früher eher ablehnte, nämlich Materialisiertes und damit Bleibendes zu schaffen und als dokumentarisch belegte Spuren zu hinterlassen, gehe ich jetzt –aus Erfahrung – anders um, weil ich es schon oft bedauert habe, von Aufführungen aus vergangenen Zeiten keinen fotografisch-filmischen Beleg = Nachweiserinnerung zu haben (allenfalls existieren noch Skizzen oder Notizen).
Ein anderer kritischer Aspekt ist der, dass Fotos das „wirklich Gesehene“ schön kaschieren können: durch fotografische Einwirkungen (Lichteffekte, Perspektive, Zoom, Farbe,.....) entstehen „Abbilder“, die Zeit, Raum, Dabei-Sein gar nicht realistisch wiedergeben oder die von den jeweiligen PerformerInnen vielleicht nie bewusst intendiert waren. Derart festgehaltene Bilder werden aber andererseits bei Veröffentlichungen erinnerungs-prägend und entwickeln ihre eigene Geschichte....
Da ich seit vielen Jahren „Kunst-Reize“ durch Kataloge, Kunstmagazine, Internet, Live-Performances und Ausstellungsbesuche rezipiere und erlebe, habe ich manchmal das Gefühl, als hätte ich etwas „live“ gesehen und dabei war es „nur“ die Erinnerung an eine Fotoabbildung oder die mündliche Beschreibung/Überlieferung eines Live-Dabeigewesenen. Oder Umgekehrtes passiert: sämtliche Erinnerungen an ein bestimmtes „Live-Dabei-Sein“ als Zuschauerin oder Akteurin fallen aus meinem Gedächtnisspeicher heraus, ... dann ist die dokumentarische Fotografie immerhin Erinnerungsfragment."
Karin Meiner
Köln-Burgbrohl, im August 2002
http://www.asa.de/magazine/index.htm
http://www.asa.de/magazine/index.htm
The magazine
slaps - banks - plots
the magazin was founded 1996 in the field of the permanent performance conferences. The contents includes: textes which was present in the conferences and mostly prepared by performance artists. The conferences and the magazine will develope the theoretical possibillities by the performance artists.

* textes, manifesto's and statements by artists;
* by performance artists selected writings from theoretical books, magazines;
* textes by theoretical, or critical writers, also selected by performance artist;
* Keywords,
* forum for kontextual discussions in the anthropological and ethnographical field
* informations
The magazine edited by ASA-European and Verlag IL. Each year should get out one issue.
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